Wer ist ein echter Journalist?

Journalist Weichreite Oldenburg

Ein aktuelles Beispiel: Eva Maria Braungardt und der Fall Weichreite

In einem Artikel der Berliner Zeitung spricht die Autorin Eva Maria Braungardt im Artikel “Demo nach tödlichen Polizeischüssen in Oldenburg: Rechter Streamer attackiert” dem YouTuber “Weichreite” ab, ein Journalist zu sein.

“Teilweise gibt er sich bei den Demonstrationen als Journalist aus.”

Journalismus in Deutschland: Ein besonders freier Beruf

Da Frau Braungardt an der Humboldt-Universität zu Berlin Journalismus studiert hat, weiß sie sehr genau, wie sich in Deutschland ein Journalist definiert und aus welchen historischen Gründen dies genau so notwendig ist.

Deutschland ist bürokratisch eines der am wenigsten freien Länder der Welt. Für alles benötigt man Genehmigungen, Prüfungen, Belege, Nachweise, Zeugnisse und Scheine. Und hat man das nicht, ist es verboten.

Mit einer Ausnahme: Beim Journalismus ist Deutschland das freieste Land der Welt!

Vergleich: Deutschland, Frankreich, Spanien und USA

Es gibt keine Voraussetzungen und keine Nachweise, die man erbringen muss. Wer sagt “Ich bin ein Journalist” und journalistisch tätig wird, der ist auch einer.

In Frankreich darf man sich nur Journalist nennen, wenn man die “Carte de Presse” der CCIJP erhält. In Spanien legitimiert man sich, wenn man durch einen Presseverband anerkannt wurde und hauptberuflich als Journalist arbeitet. In den USA gilt man als Journalist, wenn man für ein journalistisches Medium arbeitet, aber auch, wenn man journalistische Inhalte erstellt.

Die historische Entwicklung: Lehren aus dem Dritten Reich

Die deutsche Pressefreiheit ist historisch bedingt. Direkt nach der Machtergreifung durch die Nationalsozialisten wurde ein Schriftleitergesetz erlassen, das bestimmte, wer journalistisch tätig sein durfte. Damit erreichte man eine vollständige Gleichschaltung aller Medien und rein positive Berichterstattung über die Regierung und die sozialistische Gesetzgebung. Heutzutage haben wir dies fast ebenso, allerdings aus anderen Gründen und nicht vollständig!

Freie Berufsausübung für Journalisten

Nach den Erfahrungen des Dritten Reiches, in dem die Presse gleichgeschaltet und Journalisten staatlich kontrolliert wurden, trafen die Gründerväter der Bundesrepublik eine bewusste Entscheidung: Der Beruf “Journalist” sollte nicht geschützt werden. Stattdessen wurde in Artikel 5 Absatz 1 des Grundgesetzes wörtlich festgeschrieben:

“Jeder hat das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten und sich aus allgemein zugänglichen Quellen ungehindert zu unterrichten. Die Pressefreiheit und die Freiheit der Berichterstattung durch Rundfunk und Film werden gewährleistet. Eine Zensur findet nicht statt.”

Ein Kommentar dazu aus Maunz/Dürig, einem der wichtigsten Grundgesetzkommentare, betont:

“Gerade aus der Erfahrung der nationalsozialistischen Pressegleichschaltung wurde bewusst auf einen Schutz oder eine staatliche Lizenzierung des Journalistenberufs verzichtet.”

Presseausweise: Zugang zu Veranstaltungen und Behörden

Damit wurde entschieden: Jeder, der journalistisch arbeitet, kann sich Journalist nennen. Eine staatliche Zulassung oder Kontrolle gibt es nicht. Und das ist es, was Deutschland zum freiesten Land für journalistische Tätigkeit weltweit macht.

Allerdings gibt es auch für Journalisten gewisse Einschränkungen, wenn es um den Zutritt zum Beispiel von Plenarsitzungen, Aktionärsversammlungen oder Demonstrationen geht.

Der Grund dafür ist, dass viele dieser Veranstaltungen abgesehen von den Mitgliedern nur Journalisten zulassen oder im Falle von Demonstrationen Pressevertretern Zutritt zu Plätzen gewährt wird, zu denen man Demonstrationsteilnehmern aus Sicherheitsgründen keinen Zutritt gewährt.

Die Lösung hierfür ist der Presseausweis.

Der Presseausweis: Keine staatliche Urkunde, aber oft notwendig

Der Presseausweis ist in keiner Form ein staatliches Dokument oder eine Urkunde. Weder gibt er Sonderrechte, noch kann der Staat ihn einziehen oder sonst wie verwalten.

Es gibt verschiedene Presseverbände in Deutschland, die diese Ausweise gegen eine jährliche Gebühr oder Mitgliedschaft herausgeben.

Die Unterschiede dieser Ausweise liegen in ihrer Akzeptanz. Ein Polizist zum Beispiel kann einen Presseausweis anerkennen und einem als Pressevertreter Zutritt gewähren oder, wenn ihm der Herausgeber des Ausweises nicht geläufig ist, eben nicht. Deshalb sind Angebote von https://www.presseausweis.de/ seltener akzeptiert als die von großen bekannten Verbänden.

Um einen Presseausweis zu erhalten, muss man normalerweise seine journalistische Tätigkeit nachweisen. Oft durch mehrere Arbeitsproben wie Artikel, die man geschrieben hat, Fotos, die man gemacht hat, den Nachweis von Arbeitgebern oder Auftraggebern und gelegentlich sogar durch die Vorlage von Honorarrechnungen.

Presseausweise in Deutschland: Voraussetzungen und Kosten

Presseausweise in Deutschland werden hauptsächlich von acht offiziellen Verbänden herausgegeben. Hier eine Übersicht:

Organisation Mitgliedschaft notwendig Gültigkeitsdauer Kosten (ca.) Akzeptanz
DJV Ja 1 Jahr 250-350€/Jahr inkl. Mitgliedschaft Hoch
dju in ver.di Ja 1 Jahr 250-350€/Jahr inkl. Mitgliedschaft Hoch
BDZV Ja 1 Jahr Mitgliedschaftskosten variieren Hoch
VDZ Ja 1 Jahr Mitgliedschaftskosten variieren Hoch
VDS Ja 1 Jahr Mitgliedschaftskosten variieren Hoch
Freelens e.V. Ja 1 Jahr 250€/Jahr inkl. Mitgliedschaft Hoch
DPV Nein 3 Jahre 120€ für 3 Jahre Mittel
DVPJ Nein 1 Jahr 97€ einmalig + 48€/Jahr Mittel

Aktueller Bezug und historische Warnung: Wer ist ein Journalist?

All das hat Eva Maria Braungardt in ihrem ersten Semester Journalismusstudium in Berlin gelernt und weiß daher ganz genau, wie historisch vergiftet es ist, einem Kollegen das Journalistsein abzusprechen.

Noch schlimmer ist allerdings, dass sie im gleichen Artikel seine Eignung als Journalist aufgrund fehlender sittlicher Reife zu hinterfragen versucht.

In ihrer Kritik an Weber wird deutlich, wie subtil heutzutage politische Zuverlässigkeit wieder eingefordert wird. So schreibt sie:

“Weber wird dafür kritisiert, rechtes und rechtsextremes Protestgeschehen eher wohlwollend zu begleiten und den Akteuren eine Plattform zu bieten.”

Und suggeriert, dass dies der Grund sei, warum er nicht als Journalist, sondern als Aktivist gesehen werde! Ein billiger und vergifteter rhetorischer Trick, wie er eben erst vom CNN-Journalisten Donie O’Sullivan bei der Pressesprecherin Karoline Leavitt des Weißen Hauses angewandt wurde. Sowohl Sullivan wie auch Braungardt verkleideten die persönlichen Ansichten und Aussagen als angebliche Zitate.

Ein Blick auf das Schriftleitergesetz zeigt die Parallelen:

“Das neue Schriftleitergesetz erklärt: Nicht jeder hat das Recht zu schreiben! Das Recht zu schreiben muss durch sittliche und nationale Reife erworben werden.”

Noch im Jahr der Machtergreifung erließen die Nationalsozialisten das Schriftleitergesetz, um über die “politische Zuverlässigkeit” bestimmen zu können, wer ein echter Journalist ist. Genau deshalb schrieben die Gründerväter unserer Republik ganz oben im Grundgesetz als fünften Artikel die absolute Pressefreiheit.

Denn ohne freie Presse gibt es keinen Widerstand gegen erste Auswüchse der Diktatur.